weiss der Himmel ob das Ei kippt

Ein Ei! Eine organische Form, kein Abbild eines Eis, sondern das von der Natur geformte Ei, das in völlig ungewohnter, schon fast übernatürlich wirkender Position auf einem Spiegel erscheint. Wie befestigt wirken die Eier, die stolz auf ihren Sockeln stehen, wie gemeisselt aus feinstem Carrara-Marmor. Von einem brillanten Bildhauer in eine perfekte Form gebracht. Doch hier ist es nicht der Künstler, der die Form bestimmt. Die Form ist bereits durch die Natur gegeben. Das Ei hat eine Ei-Form.

Nun steht das Ei wie eine Skulptur auf einem Spiegel. Die Spiegelung unterstreicht die Formschönheit, indem die perfekten Rundungen noch einmal reflektiert werden. Doch das Ei ist nur solange Skulptur, wie es die spektakuläre Position halten kann. Sobald es fällt, also wieder in die horizontale Position rollt, ist der Zauber vorbei, das Ei ist wieder „nur“ ein Ei. Das vertikale Ei geht über das Ei- Sein hinaus. Diese artifizielle Position macht das Ei zur Kunst, zu einer perfekten Skulptur. 

Fragil ist diese Bellezza, zerbrechlich die dünne Schale, die bei Bruch die innere weiss-gelbe Flüssigkeit freigeben müsste. Bedingt durch die spektakuläre Position ist eine Bruchlandung jederzeit möglich. Das Ei steht zwar, wäre aber ohne fremde Hilfe nie in diese Situation gelangt. Zudem ist es nicht im Stande äussere Einwirkungen auszugleichen. Jede Berührung oder jeder leichte Windhauch könnte das Ei zum Schwanken und damit zum Fallen bringen. Es ist der Umgebung schutzlos ausgeliefert.

aus Katalogtext: Michael Babics und Olivia Jenni