verteiler

Claudio Magoni

Ausstellung in der Galerie Werkstatt, Reinach BL 1997
City-Blocks 1997 Installation von Claudio Magoni in der Galerie Werkstatt, Reinach BL City Blocks 1997, Aluminium

Mit seiner Installation «City Blocks» in der Reinacher «Galerie Werkstatt» macht der Basler Bildhauer Claudio Magoni dem Betrachter zunächst ein äusserst verführerisches Angebot. 26 Quader aus massivem Aluminium, einige mehr als einen Meter lang, stehen oder liegen auf dem Boden der Galerie. Die Blöcke sind im rechten Winkel zueinander aufgestellt und das Ganze erinnert entschieden an das Modell eines modernen Stadtzentrums mit hohen Wolkenkratzern, Verwaltungsgebäuden und Sportzentren. Der sozialkritisch trainierte Betrachter mag in den fensterlosen Quadern eine Metapher für die menschenverachtenden Strukturen der modernen Gesellschaft und ihrer Metropolen sehen. Der Fanatiker neorationalistischer Architektur kann sich darüber freuen, dass hier weder Geranienkübel noch Wäscheleinen noch sonstige Bewohnerspuren die schlichten. geometrischen Formen stören. Dem Ästheten in Sachen Städtebau dürfte es gefallen. wie die Klötze durch klare Fluchtlinien zu einem ansprechenden Ensemble verschränkt sind. Pragmatiker können in ihrer Phantasie Strassen und Grünzonen planen, Romantiker die Gulliver-Perspektive geniessen.
Was immer wir an Phantasien, Vorstellungen oder Ängsten in Sachen Stadt und städtischer Architektur mit uns herumtragen, wir können alles in Magonis «City Blocks» projizieren. Die Reduktion auf wenige formale Charakteristika einer Stadt führt dazu, dass wir nichts darin sehen müssen, aber alles darin sehen können. Ein Angebot, dem kaum zu widerstehen ist. Aus der Übersicht über eine Stadt wird eine Übersicht über unsere Gefühle und Vorstellungen.

Hat man allerdings einige Zeit in einem Raum mit den «City Blocks» verbracht, so schwindet das Interesse am Spiel mit den Möglichkeiten. Die Skulptur aber bleibt. Ein Arrangement aus Aluminiumblöcken. man erkennt Sägespuren, sieht Korrosionsflecken an der Oberfläche und entdeckt hie und da das Logo jener Metallfirma, bei der Magoni das Material hat zuschneiden lassen. Alles Spuren, die von der schweisstreibenden Herstellung der «City Blocks» erzählen -irgendwo draussen in der Welt. Doch Magoni hat nicht nur sämtliche Herstellungsspuren auf den Blöcken belassen, er hat auch die Farbkleckse und Ölflecken auf dem Boden der Galerie berücksichtigt, die an die ursprüngliche Nutzung dieses Raumes als Werkstatt erinnern. So gut wie möglich sind die zufälligen Muster im Beton zu den Quadern in Beziehung gesetzt. Aber auch die markanten Punkte im übrigen Raum, der Eingang oder der schwarze Elektrokasten, sind durch Fluchtlinien mit den «City Blocks» verbunden. Ausserdem wird der ganze Raum von der Oberfläche des Aluminiums reflektiert. Nicht nur der Raum allerdings: Auch die Welt vor den Fenstern spiegelt sich in dem Metall: Häuser, Bäume, Strassenlaternen, der Himmel.

Also bietet Claudio Magoni dem Besucher zwar eine freie Projektionsfläche für seine Phantasien, holt aber gleichzeitig den Alltag mit seinen Geschichten, die Welt von draussen in seine Installation. Der Betrachter nimmt auf einen Blick zwei Dinge wahr: Seine eigene Welt der Vorstellungen, die er in das Modell projiziert, und die Aussenwelt, die sich in dem Aluminium spiegelt und mit dem Material präsent ist. So gesehen thematisieren Magonis «City Blocks» wohl weder die Stadt noch urbane Lebensformen, sondern die Situation des Menschen schlechthin, der eingespannt ist zwischen der inneren Welt seiner Vorstellungen und der äusseren Wirklichkeit
.

 

 

Ausstellungsbesprechung BaZ,Feuilleton
11.Februar 1997
Samuel Herzog

seitenanfang